14.-24. Mai 2009
Der Rahmen für diese außergewöhnliche Ausstellung war gut gewählt. Die Johanniskirche in Eichstätt direkt neben dem Dom. Seit 1978 steht die ehemaligen Pfarrkirche als "Haus des Gastes" für Veranstaltungen unterschiedlichster Art zur Verfügung. Ein langgehegter Wunsch unserer Gruppe konnte endlich in Erfüllung gehen. Die "Bosnischen" Quilts waren keine Unbekannten für uns. Begegneten sie uns doch bei Ausstellungen auf Textilmärkten und Messen.
Jetzt hatten wir die Gelegenheit die österreichische Künstlerin Frau Lucia Feinig-Giesinger, ihren Ehemann Willibald Feinig und ihre Mitstreiterin Frau Ulrike Jussel persönlich kennen zulernen, denn das eigenhändige Aufhängen "ihrer" Quilts ist ihnen überaus wichtig. Diese Herzensangelegenheit war deutlich zu spüren und so sprang der Funke bei der ersten Begegnung sofort über. Gemeinsam wurde der sakrale Raum der Johanniskirche gestaltet, die Quilts gehängt, gemeinsam gegessen und Kaffee getrunken, geredet, diskutiert und geplaudert.
Die Bosna Quilt Werkstatt entstand 1993 im Caritas Flüchtlingsheim Galina in Vorarlberg.
Die nach den Entwürfen der Malerin Lucia Feinig-Giesinger hergestellten Quilts sind dünne Decken, die von den bosnischen Frauen nach deren eigenen Vorstellungen gesteppt werden. In der Zeit des Exils war die Arbeit an den Quilts nicht nur eine willkommene Erwerbsmöglichkeit, sondern auch eine Beschäftigung gegen das Trauma von Krieg und Flucht. Seit 1998 befindet sich die Bosna Quilt Werkstatt in der bosnischen Enklave Gorazde an der Drina, die im Krieg jahrelang eingeschlossen war und heute unter hoher Arbeitslosigkeit leidet. Zwölf Frauen tragen mit ihrer Arbeit an den Quilts zum Lebensunterhalt ihrer Familien bei.
Gemeinsam konnte dann auch die Vernissage mit annähernd 150 Gästen am 14. Mai gefeiert werden. Ein wunderbarer Auftakt, ganz so, wie wir ihn erhofft hatten.
Frau Gaby Casper, ehemalige Stadträtin und Gruppensprecherin von Amnesty International Eichstätt sprach zur Eröffnung.
Die Künstlerin selber führte dann in die Ausstellung ein, auf ihre ganz eigene angenehme Art und Weise, in einem Zwiegespräch mit den Besuchern.
Musikalisch umrahmt wurde die Vernissage durch das Sängerinnentrio Burgi Schneider, Karin Rauchensteiner und Verena Buchberger. Zum Abschluss des gelungenen Abends im Kreise der Gruppe mit Lucia und Ulrike und noch einzelnen Gästen spielte das Trio scheinbar nur noch für uns. Wir haben es sehr genossen. Danke nochmals dafür. An diesem Abend verließen uns gleich wieder einige Quilts, die in der Ausstellung keinen Platz fanden. Uns fiel es schwer zu entscheiden, welcher gehen konnte und welcher unbedingt hier bleiben musste. Eine durchaus kontroverse, aber fröhliche Diskussion, die zeigt wie unterschiedlich diese großformatigen, farbigen oder auch verhaltenen Quilts mit ihrer lebendigen Struktur auf uns wirken, sehr persönlich und differenziert.
Die Zeit mit "unseren" Quilts lief uns viel zu schnell davon.
Der "Dienst" in den Ausstellungsräumen war anregend, unterhaltsam und kaum ermüdend.
Die Besucher zeigten sich begeistert und erstaunt über die Arbeiten. Neben unseren Erklärungen zu dem Projekt konnten sie auch einen sehr schönen ca. 20 minütigen Film des österreichischen Fernsehen verfolgen, den wir in einer kleinen Ecke des Raumes zeigen konnten. Er wurde vor einigen Jahren über das Projekt in Österreich und in Bosnien gedreht.
Schön war es zu erleben, das Schulklassen der nahen Maria Ward Schule auch dieses Mal, wie schon im letzten Jahr bei der Ausstellung "Fäden verbinden Frauen" vorbeischauten und mit Begeisterung diesen außerplanmäßigen "Unterricht" mitnahmen. Unser Dank gilt den Lehrerinnen die es ihnen ermöglichten.
Am Mittwoch, den 20. Mai 2009 wurde in Zusammenarbeit mit der Medienzentrale Eichstätt der Film Esmas Geheimnis (Originaltitel "Grbavica") gezeigt.
Ein Film von Jasmila Žbanic, der den systematischen sexuellen Missbrauch von Zivilistinnen durch Soldaten und Offiziere während des Bosnienkrieges und seine jahrelangen Folgen für die Betroffenen thematisiert. Ein Film, der neben anderen Auszeichnungen auf der Berlinale 2006 einen goldenen Bären errang.
Ein Abend, der uns alle nachdenklich und erschüttert hat, ein Abend der uns nicht nur den bosnischen Frauen nähergebracht hat, sondern allen Menschen in Kriegsgebieten, ein Abend an dem wir uns aber auch eine größere Teilnehmerzahl erwünscht hätten.
Der Abschluss dieser Ausstellung bildete bei der Finissage am 24. Mai die Verlosung unseres eigenen Quilts. Wir freuen uns mit der Gewinnerin und wünschen ihr viel Freude am Quilt. Wir freuen uns aber auch ganz besonders darüber, das wir eine stattliche Summe an eine uns bekannte Familie in Bosnien überweisen können, die wir schon seit einigen Jahren unterstützen.
Viele Eindrücke wurden im Gästebuch festgehalten. Den Eintragenden möchten wir für die herzlichen und stimmungsvollen Einträge danken. Sie ermutigen uns so etwas wieder auf die Beinen zu stellen.
Dieses Jahr wird die Ausstellung europaweit unterwegs sein in Deutschland, Italien Lichtenstein, Österreich und der Schweiz . In Deutschland nach Eichstätt nur noch in Berlin und in Benediktbeuern.
Wer sie in Eichstätt nicht sehen konnte, dem sei angeraten, es in den anderen Orten zu tun. Informationen darüber auch auf der Homepage www.bosnaquilt.at.
Der Spruch von Erich Fried: - Wenn die Nacht keine Tür hätte, woher käme der Tag - öffnet den Weg.
(Verfasserin: Ursel Hirsch)